Atmen

Zu atmen ist elementar für unser Leben und unsere Existenz. Wir tun es tagein, tagaus, im Schlaf wie im wachen Zustand - ohne dass wir uns bewusst gedanklich damit beschäftigen müssten. Unsere Atmung ist ein automatisierter Mechanismus, der uns rund um die Uhr begleitet und auf faszinierende Weise all unsere körperlichen und geistigen Funktionen aufrecht erhält.

Mit unserer Atmung gehen wir auch die natürlichste und engste Verbindung mit anderen Teilen der Natur ein - mit den Pflanzen. Grüne Pflanzen, allen voran die Bäume, produzieren mithilfe des grünen Blatt-Farbstoffs (Chlorophyll), des Sonnenlichts und des von uns Menschen ausgeatmeten Kohlendioxids den Sauerstoff, den wir Menschen so dringend zum Leben brauchen. Ohne die vielfältige Vegetation der Erde gäbe es uns Menschen nicht und andere Tiere, die mit den Pflanzen in enger Verbindung leben, ebensowenig!


Heckenrose im Sonnenlicht


Ist es nicht verblüffend,

welch ein ausgeklügeltes System der Natur

all das wunderbare Leben auf der Erde ermöglicht?!


Ein paar Basics: Innere und äußere Atmung

Das, was wir allgemein als Atmung bezeichnen, läuft in verschiedenen Prozessen ab. Dabei ergänzen sich die in den Atemwegen und der Lunge stattfindenden Prozesse der äußeren Atmung und die in den verschiedenen Körperzellen ablaufenden Prozesse der sogenannten inneren Atmung.  

Äußere Atmung - Phase der Einatmung: Dabei strömen die in der Luft enthaltenen gasförmigen Stoffe, insbesondere der lebenswichtige Sauerstoff, aber auch andere (Edel-)gase und Aerosole über die Nase oder den Mund über die Atemwege (Bronchien) zu den Lungenbläschen (Alveolen) in der Lunge. Die Atemluft kommt hier mit feinsten Blutgefäßen in Kontakt und ihre Bestandteile werden so vom Blut aufgenommen.

Brandung am Meer, Seeland, Dänemark


Auch Bäume atmen. Lentizellen (Atmungsorgane) am Baumstamm. Auch Bäume atmen.

Dabei wird der Sauerstoff chemisch an den Blutfarbstoff (Hämoglobin) der roten Blutkörperchen gebunden und zu den einzelnen Zellen transportiert, wo er seinen Nutzen und seine Funktion entfalten kann.

Innere Atmung - Phase der Einatmung: Bei der Inneren Atmung, die auch Zellatmung genannt wird, gelangt der Sauerstoff in die Körperzellen, wo er seine Funktion entfalten kann. Durch unsere Nahrung nehmen wir Energie in Form von Fett, Kohlenhydraten oder Eiweißen zu uns. Nur mithilfe des Sauerstoffs kann die darin enthaltene Energie, in eine für die Zellen verfügbare Energie (Adenosintriphosphat = ATP) umgewandelt und für die Zelle nutzbar gemacht werden. Nur so ist es den einzelnen Körperzellen möglich, ihre spezifischen Funktionen auszuführen. So kommen wir z. B. "außer Atem", wenn die Muskelzellen nicht genug Sauerstoff für die geforderte Leistung (z. B. beim Sport) erhalten. Ein anderes Sprichwort besagt, dass wir einen langen Atem haben können und meint damit die Geduld, die wir für eine Wartezeit aufbringen, wenn genug Sauerstoff für unsere Nervenzellen und damit für ein ausgeglichenes Gemüt durch tiefe, natürliche Atmung zur Verfügung steht.

Innere Atmung - Phase der Ausatmung: Bei der Inneren Atmung entstehen im Zuge der Umwandlung von Energie aus der Nahrung in eine für die Zelle verfügbare Energieform Wasser und Kohlendioxid. Auch dieses Gas wird wieder - wie zuvor der Sauerstoff - an den Farbstoff der vorbeiströmenden Roten Blutkörperchen, das Hämoglobin, gebunden und mit dem Blut bis zur Lunge transportiert.

Äußere Atmung - Phase der Ausatmung: Das an den Lungenbläschen vorbei strömende Blut gibt Kohlendioxid und andere Abfallprodukte aus verschiedenen Stoffwechselprozessen, die in den Körperzellen stattgefunden haben, über die Lungenbläschen an die Bronchien ab und wird über diesen Weg wieder an die Umgebungsluft ausgeatmet. 


Noch ein paar Basics: Die Mechanik der Atmung

Unser Brustkorb, in dem sich die Lunge und die Bronchien befinden, erhält seine stabile und doch flexible Form durch die Rippen, die durch die Zwischenrippenmuskulatur sowie knorpelige Strukturen miteinander verbunden sind. Vorne setzen sie am Brustbein an, hinten an der Wirbelsäule. Zum Bauchraum hin wird der Brustkorb durch das Zwerchfell begrenzt, das ebenfalls in seiner Struktur flexibel und gleichzeitig stabil ist.

Wenn sich der Brustkorb ausdehnt und sich das Zwerchfell nach unten wölbt, entsteht ein Unterdruck in der Lunge, der auf ganz natürliche Weise ausgeglichen wird. So strömt dabei Luft aus der Umgebung in die Bronchien und bis hin zu den Alveolen in den beiden Lungenflügeln ein.

Sobald unser Körper bzw. das Atemzentrum im Gehirn  - eine Art Steuerzentrale - registriert, dass der Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft verbraucht ist und die Konzentration des neu entstandenen Abfallstoffs "Kohlendioxid" zu hoch ist, lässt die Spannung im Brustkorb und Zwerchfell nach. Der Brustkorb sackt dabei ein klein wenig - also im normalen Maß - zusammen. Somit verringert sich das Volumen des Brustraums & die Luft entweicht automatisch wieder nach außen.



Wollgras (Eriophorum) im norwegischen Hochgebirge. Mit zunehmender Höhe kann die Luft etwas

Platz für neue Luft: Drei Atemräume

  1. Wenn sich das Zwerchfell in Richtung der Bauchorgane wölbt, gibt es zum einen Platz für die Luft in der Lunge frei und schiebt gleichzeitig die Organe im Bauchraum ein wenig zusammen. Diesen Atemraum zu nutzen, ist die natürlichste Variante.  Dabei erzeugt der kontinuierliche Atemrhythmus gleichzeitig eine natürlich sanfte Bauchmassage von innen, die uns nicht nur organisch gut tut, sondern auch mental eine entspannende Wirkung entfaltet, weil das Nervensystem, das unseren ganzen Körper und auch den Bauch durchzieht, dem Gehirn signalisiert, dass alles in Ordnung ist.
  2. In der Atmung ist es außerdem möglich, die natürliche Dehnung des Brustkorbs zu den Seiten hin wahrzunehmen. Legen wir unsere Hände seitlich an den Brustkorb, dann können wir auch hier zart in der Bewegung des Atemrythmus mitgehen.
  3. In der Regel nur ganz wenig, bei genauer Beobachrtung aber doch zu spüren, ist ein kleiner Atemraum in Richtung der Schultern. Hierhin atmen wir so manches Mal, wenn wir unter Druck sind oder uns angespannt fühlen und aufgrund von Stresssignalen unbewusst zu einer flachen Atmung übergehen.

Alle drei Atemräume gehören zu unserem natürlichen Atemvolumen dazu und bilden eine "Arbeitsgemeinschaft". Eine gesunde, natürliche und entspannende Atmung sollte jedoch überwiehend in Richtung des Bauchraums fließen - also gerade so, wie der Körper seinen Bedarf signalisiert, damit wir entspannen können.


Entspannung durch Atmung

Ein natürlich fließender Atem hat etwa 14-16 Atemzüge in der Minute. Um uns bewusst zu entspannen und zu beruhigen, können wir den Atemrhythmus gezielt etwas verlangsamen. Dabei ist es besonders hilfreich, die Ausatmung im Vergleich zu Dauer der Einatmung ein klein wenig zu verlängern - etwa 4 Sekunden einatmen und 6 Sekunden ausatmen oder 3 Sekunden einatmen und 5 Sekunden ausatmen. Das beruhigt das Nervensystem, da wir so dem natürlichen Atemrhythmus folgen und dem Atemzentrum im Gehirn durch den langsamen Rhythmus Ruhe und Sicherheit signalisiert wird. Dies überträgt sich dann auf weitere Bereiche des Nervensystems und begünstigt so auch die Entspanung der Muskulatur.



Nimm die oben vorgeschlagenen Rhythmen aber nur als grobe Orientierung, achte jedoch vorrangig auf Deine Bedürfnisse. Horche also nach innen und forciere nichts. Denn das bewusste Atmen soll ja gut tun und nicht neuen Druck erzeugen. Gerade auch Menschen mit Atemwegserkrankungen - letztendlich aber jede(r) - tun gut daran, zu spüren, welcher Atemrhythmus und welche Tiefe persönlich das beste Wohlbefinden ermöglichen. Lass also den Atem einfach sanft ein und aus fließen und konzentriere Dich ganz auf dieses schöne Gefühl der puren, gelassenen Lebendigkeit - so wie es zu Dir passt.


Hohe Luftfeuchtigkeit (hier durch Morgennebel) beeinflusst unser Atemgefühl.


Storchschnabel-Blüte mit Morgentau.


Atmung & Aufmerksamkeit

Während wir uns voll auf unsere Atmung konzentrieren, treten alle anderen Gedanken in den Hintergrund oder verstummen. Unser Gehirn schenkt seine Aufmerksamkeit nämlich (aus Energiespargründen) tendenziell nur einem Gedanken, einem Gefühl oder einem Thema, wie hier der Atmung. Zwar funktionieren im Alltag teilweise mehrere Dinge gleichzeitig, wie z. B. gehen und mit jemendem sprechen und dabei auch noch seine Reaktionen beobachten, doch zur Ruhe kommt unser Nervensystem besonders dann, wenn nur wenige Aspekte gleichzeitig kognitiv verarbeitet werden müssen. Die Konzentration der eigenen Aufmerksamkeit auf die eigene Atmung ist also ein ganz einfacher und schöner Weg, um mental zu entspannen und für den Moment des bewussten Atmens inneren Frieden zu geniesen.

Zurück: Resilienz


Weiter: Balance
 
 
 
E-Mail
Anruf
Infos
Instagram